Heterosexuell
Die erotische und gefühlsmäßige Präferenz einer Person für Angehörige des eigenen und/oder des anderen Geschlechts wird mit dem Begriff sexuelle Orientierung beschrieben. Das Wort Hetero kommt aus dem Altgriechischen und heißt so viel wie ungleich. Mit heterosexuellen Menschen sind demnach Personen gemeint, die vom jeweils anderen (ungleichen) Geschlecht emotional oder sexuell angezogen werden. Heterosexuelle Beziehungen beschreiben folglich immer eine Beziehung zwischen Mann und Frau. In der Evolution hat sich die heterosexuelle Fortpflanzung schon vor etwa 600 Millionen Jahren gegenüber der ungeschlechtlichen Fortpflanzung weitgehend durchgesetzt. Ersteres verbessert nämlich die Vermischung von Genen. Daher pflanzt sich nicht nur der Mensch heterosexuell fort, also mit männlichen und weiblichen Individuen, sondern auch viele Pflanzen und Tiere. Heterosexualität ist für Menschen sogar die einzige Möglichkeit der Fortpflanzung.
Nach dem Schöpfungsmythos der abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum und Islam) waren Adam und Eva das erste heterosexuelle Menschenpaar und somit die Vorfahren der gesamten Menschheit. Auf dieser Grundlage galt die Beziehung zwischen Mann und Frau bis vor wenigen Jahrzehnten weltweit als alleinige Norm. Dieses Weltbild, das Heterosexualität als gesellschaftliche Richtlinie festlegt, wird Heteronormativität genannt. In allen Kulturen der Welt gibt es außerdem einen offiziellen Bund zwischen Mann und Frau, wie etwa die Ehe. Heterosexuelle Handlungen ohne Gewaltanwendung und in gegenseitigem Einverständnis sind in allen Ländern erlaubt, sofern sie innerhalb einer solchen staatlich anerkannten Partnerschaft stattfinden. Allerdings ist die Sexualität des Menschen komplexer, weil sie nicht ausschließlich auf triebgesteuerte Fortpflanzung ausgerichtet ist, sondern psychologische und emotionale Aspekte einschließt. Untersuchungen in westlichen Kulturen haben ergeben, dass sich im Durchschnitt etwa 93 Prozent der Männer und 87 Prozent der Frauen als vollständig heterosexuell bezeichnen. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene berichten von einer gewissen sexuellen Fluidität. Das heißt, sie wollen oder können sich noch nicht für ein Geschlecht entscheiden, mit dem sie sexuelle Handlungen vollziehen wollen. Als Gegenteil von Heterosexualität wird meistens Homosexualität, also die erotische und emotionale Anziehung zu Personen des gleichen Geschlechts, angesehen. Zwischen diesen beiden Gegenpolen gibt es jedoch noch eine Vielzahl von individuellen Vorlieben, die sich nicht alle in Kategorien einordnen lassen. Bisexualität beschreibt unter anderem das Interesse an beiden Geschlechtern, während asexuelle Personen keinerlei sexuelles Interesse zeigen.
In den letzten Jahrzehnten hat die LGBTQ-Bewegung damit begonnen, andere sexuelle Ausrichtungen als bloß die Heterosexualität zu normalisieren. Widerstand dagegen gab es besonders von religiösen Institutionen (Kirche) und konservativen Gruppierungen, die an der Bevorteilung von heterosexuellen Paaren festhalten woll(t)en. Wichtige Errungenschaften, wie unter anderem die Ehe für alle, konnten in Deutschland und einigen anderen Ländern bereits erreicht werden. Heterostolz (straight pride) ist ein Schlagwort, das in den frühen 1990er-Jahren aufkam und vor allem von konservativen Gruppen als Reaktion auf den Schwulenstolz (gay pride) verwendet wurde.