Queer

Mit dem englischen Adjektiv queer werden Personen und deren Handlungen bezeichnet, die allesamt von dem abweichen, was von der Gesellschaft jahrhundertelang als „normale“ heterosexuell galt. Früher wurde das Wort queer(zu Deutsch eigenartig, suspekt, sonderbar) wie auch das deutsche Pendant schwul als abwertende Bezeichnung für Homosexuelle verwendet. Es handelte sich demnach um eines der vielen Schimpfwörter, die in allen Sprachen zur Bezeichnung von Homosexualität verwendet werden. Mitte der 1990er-Jahre wandelte sich dieser Ausdruck ins Positive: Seither bezeichnen nicht-heterosexuelle Menschen sich selbst als queer. Zuerst, weil sie sich damit von anderen Homosexuellen abgrenzen wollten, die ihnen persönlich als zu angepasst erschienen. Zu angepasst meinte zum Beispiel, dass sich diese Homosexuellen für Ehe interessieren. Diese Umkehrung begann zunächst in den USA innerhalb der LBGT-Community, hat sich mittlerweile aber weltweit etabliert. LBGT ist die englische Abkürzung für lesbian (lesbisch), bisexual (bisexuell), gay (homosexuell) und transgender (Nicht-Übereinstimmung des empfundenen Geschlechts mit den Körpermerkmalen).

Schon Ende der 1980er strebte die Community eine Neubewertung des Wortes queer an. Ziel dabei war die Umformung des Begriffs in ein positiv besetztes Trotz-Wort, welches von der breiten Gesellschaft anerkannt wird. Im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelte sich das Wort zu einem Sammelbegriff, mit wissenschaftlicher und zugleich politischer Bedeutung.

Im deutschsprachigen Raum war es allen voran die Philosophin Gudrun Perko, die den Ausdruck queer als politische, wie gesellschaftliche Bewegung verstand. Ihr Ansatz ging dahin, queer (Zitat): „im Sinne eines offenen Projekts, das die angeblich natürliche Ordnung der Dinge infrage stellt“ zu verstehen. Ihrer Meinung nach deckt dieser Ansatz Bereiche der Sexualität ebenso ab, wie Debatten über Interkulturalität und Multikulturalismus, Menschenrechte und Demokratie, postkoloniale Kritik und andere.     

In der deutschen Sprache wird bzw. wurde der Begriff queer allerdings nicht in gleichem Maße mit Sexualität in Verbindung gebracht, wie in Amerika. Gudrun Perko machte daher im Jahr 2005 den Vorschlag, queer idealerweise mit „seltsam“ zu übersetzen, um das „Gegen-die-Norm-Sein“ auszudrücken.  

Aktuell wird queer, dem Verständnis der erwähnten Philosophin nach, als Oberbegriff betrachtet. Abhängig vom Selbstverständnis kann queer sich also auf sehr Unterschiedliches beziehen: 

  • In sexueller Hinsicht auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, Asexuelle, Pansexuelle, BDSM-Zugehörige etc.
  • In geschlechtlicher Hinsicht auf binäre bzw. nicht binäre Transgender, Genderqueere und intergeschlechtliche Menschen.

Das Wort queer umfasst somit alle, die nicht der heteronormativen Vorstellung von Sexualität oder dem binären Geschlechtsmodell (Unterscheidung Frau/Mann) entsprechen. Der offen formulierte Begriff bietet daher vielfältige Identifikationsmöglichkeiten. Alle Menschen, die sich selbst als queer bezeichnen, verbindet der Gedanke, das gesellschaftlich vorherrschende Normen wie die Heterosexualität hinterfragt und im Idealfall aufgelöst werden. Dieses Verständnis von queer soll ermöglichen, das Leben frei von Normen in zig verschiedenen Formen sexueller Orientierungen und/oder Geschlechtsidentitäten zu leben.

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