Wollust
Das Wort Wollust ist eine Abwandlung vom althochdeutschen „wolalust“ bzw. „willilust“. Zunächst im Mittelhochdeutschen, später dann im Mittelniederdeutschen, wurde aus den oben genannten Wörtern der noch heute gebräuchliche Begriff Wollust. Es handelt sich dabei um die Zusammensetzung des Wortes Lust und einer frühen Form des Wortes wohl. Daher wurde Wollust zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert auch meist „Wohllust“ geschrieben. Mit Wollust sind Sinnlichkeit, Lust und sexuelle Begierde gemeint, was man bei der Selbstbefriedigung, beim Geschlechtsverkehr, oder bei Sex-Fantasien erlebt. Wollust schließt auch aktives Handeln zum Zwecke einer Steigerung der sexuellen Befriedigung mit ein. Der Ausdruck Wollust ist in Literatur vergangener Jahrhunderte gehäuft zu finden. Damals hatte er jedoch noch keine anrüchige/abfällige Bedeutung im Sinne von sexueller Ausschweifung oder Laster. Diese entstand erst während der Sprachentwicklung hin zum Frühneuhochdeutschen. Am Anfang der Entstehungsgeschichte bezeichnete man mit Wollust ein Lustgefühl, also einfach etwas, das große Freude bereitet. Weiterhin ist damit das Pflegen bzw. Fördern einer Empfindung gemeint, welche lustvoll und drängend ist. Je nach Moralvorstellung galt und gilt die Wollust außerdem als ruchlos oder frevelhaft. Im Gegensatz zur allgemeinen Annahme meint Wollust allerdings keineswegs nur das körperliche Verlangen. Es geht auch um die Freisetzung erotischer Fantasien. Hinter dem Wort und den damit verknüpften Vorstellungen stehen starke Verlockungen und Triebe. Das Gegenteil von Wollust ist daher am besten mit dem Wort Frigidität zu beschreiben.
Sowohl in der griechischen als auch in der antik-römischen Mythologie gab es dem Sinn nach „Göttinnen der Wollust“: Die griechischen Göttin Hedone und die römische Göttin Voluptas. Im Lateinischen bezeichnet das Substantiv voluptās originär Genuss, Vergnügen und Lust – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Voluptās ist vom Adverb volup (vergnüglich) und dem Verb volo (begehren, wünschen) abgeleitet. Im Christentum hingegen steht Wollust für eine der sieben Todsünden. Insbesondere deshalb, weil aus der Wollust heraus andere Sünden entstehen können. Das Gegenteil von Wollust aus religiöser Sicht ist demnach die Keuschheit. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war die Wollust ein häufiger Anklagepunkt gegen vermeintliche Hexen und Ketzer. Häretischen (vermeintlich irrgläubige) Gruppen wurde oft pauschal ein unmoralischer, sittenloser Lebenswandel oder das Praktizieren von freier Liebe unterstellt. Diese Praktiken gab es zwar vereinzelt in bestimmten Sekten, in der Regel war aber genau das Gegenteil der Fall. Viele Menschen, die sich damals von der Kirche abwandten, hatten besonders hohe Moralvorstellungen. Die Katharer zeichneten sich sogar durch eine ausgesprochen feindliche Einstellung zu allem Körperlichen und Sexuellen aus. Auf dem Höhepunkt der Hexenverfolgung (1550-1650) warf man Frauen oft vor, dass ihre übermäßige Wollust sie zu Geschlechtsverkehr mit dem Teufel persönlich treiben würde. Die als Hexensabbat oder Teufelstanz bezeichneten heimlichen Treffen der vermeintlichen Hexen und Hexer, nutze die Kirche ebenfalls für Verurteilungen. Man warf den regionalen Teilnehmern vor, auf diesen nächtlichen Veranstaltungen aus Wollust heraus Sex-Orgien zu feiern und den Teufel anzubeten.